Berlin
immermal
Berlin, Du kannst so hart und zugleich weich sein!
Dieses Mal entschied ich mich für die weiche Tour und besuchte eine Freundin, die ich vor über 10 Jahren während des Studiums in Hamburg kennen lernte. Inzwischen hatten sich einige Sachen sehr verändert und es war spannend auf die Zeit zurückzublicken, die hinter uns lag und über die Zeit zu spekulieren, die noch vor uns liegen würde. Ich, nicht mal 2 Wochen vor meiner mehrmonatigen Reise stehend, genoss neben der Gesellschaft meiner langjährigen Freundin die Atmosphäre der Stadt, welche ganz treffend von WestBam als weltoffen und kleingeistig zusammengefasst wurde.
Ich besuchte die Dali Ausstellung
am Potsdamer Platz, die 450 Original Stücke des surrealistischen Künstlers in Form von u.A. Lithographien, Kaltnadelradierungen und Holzschnitten zeigte. Einige Werke sind so erstaunlich modern und teilweise zeitlos, dass ich mich fragte, wie es der Künstler schaffte so weit in die Zukunft herauszusehen. Eben Dali. Besonders in Erinnerung bleibend fande ich die Darstellung der Beziehung zwischen Dali und seiner Ehefrau Gala. Gala war für Dali seine alleinige Muse, in der er die Jungfrau Maria und zugleich Venus sah. Er kaufte ihr ein Schloss und wenn er sie besuchen wollte, musste er vorher per Brief um Erlaubnis bitten. Sehr romantisch! Allerdings wäre ich wohl nicht so geduldig.
“Berlin ist gleichzeitig weltoffen und kleingeistig” — WestBam
Am nächsten Tag beschloss ich das Nineties Museum beim Nikolai-Viertel (ein schöner Spaziergang an der Spree von dort zum Berliner Dom!) zu erkundschaften. Da es sich um eine Multimedia-Ausstellung handelte hoffte ich auf eine moderne interaktive Ausstellung, in der ich in die 90iger Jahre versetzt wurde – und ich wurde nicht enttäuscht! Mittels eines schwarzen langen mit Neonlicht beleuchteten Gangs gelangte ich in einen riesigen Betonraum, in dessen Mitte die Stadtgrenze Berlins als Skulptur dargestellt wurde.
Ein meterhoher Durchgang mitten durch die Stadt
symbolisierte eindrucksvoll den ehemaligen Standort der Berliner Mauer und damit die Teilung Berlins. An den Wänden des Betonraums wurden Schlüsselszenen der letzten 60 Jahre Berliner Geschichte in einer Art Video abgebildet. Je länger ich in dem Museum war, desto mehr fande ich mich in den 90iger Jahren wieder. Ein großer Bereich im Museum wird der aufsteigenden Technoszene in den 90ern sowie der Love Parade gewidmet, welche zunächst als Demonstration mit dem Motto
„Friede, Freude, Eierkuchen“
von ihrem Gründer-Team um Dr. Motte bei der Stadt Berlin angemeldet wurde. Ich erinnerte mich, wie ich damals mit 9 Jahren die Parade im Fernsehen mitverfolgte und meine Mutter sagte, dass sie es nicht für möglich hielt, dass mal über 1 Million Menschen aus aller Welt in unsere Hauptstadt kämen um zusammen zu feiern. Wenn ich über die Vergangenheit nachdenke erscheint es mir sogar sehr logisch.
Die erste Love Parade fande 1989 auf dem Ku´damm
nur ein paar Monate vor der Wiedervereinigung statt und die Stimmung muss damals sehr aufbrüchig und freiheitsfordernd gewesen sein. Viele Leute aus der DDR versuchten damals in den Westen zu fliehen und einige verloren dabei ihr Leben. So erzählte mir meine Oma, dass mein Opa bei dem Versuch, die Grenze zu überwinden, fast erschossen worden wäre.
“Ich erinnerte mich, wie ich damals mit 9 Jahren die Parade im Fernsehen mitverfolgte und meine Mutter sagte, dass sie es nicht für möglich hielt, dass mal über 1 Million Menschen aus aller Welt in unsere Hauptstadt kämen um zusammen zu feiern.”
Nachdem ich 3 Stunden im Museum verbrachte, hatte ich Hunger und fande nichtmal 5 min vom Museum entfernt auch gleich die perfekte Ruheoase, um die vorangegangenen Stunden auf mich nachwirken zu lassen. Inmitten von stehenden und hängenden Grünpflanzen bestellte ich ein belegtes Brot, einen Americano und einen Mango Cheese Cake mit Blaubeeren zum Niederknieen. Links neben der Theke entdeckte ich eine kleine schmale Holztreppe, die auf eine Empore über der Theke führte, auf der ein kleines Sofa und ein Tisch sowie ein paar Pflanzen platzfanden. Ich sah das leere Sofa als Einladung und konnte so ganz entspannt aus 4 Meter Höhe den Ausblick genießen. Das Café hat es an diesem Nachmittag in meine Top 3 Cafés in Berlin gebracht!
Nachdem das Café um 18 Uhr schloss musste auch ich mich auf die Socken machen, kaufte noch einen Rotwein und Schoki und fuhr zu meiner Freundin, die sich schon auf den Frauenabend freute.